Dienstag, 2. Juli 2013

"Die Gesundheit ist zwar nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts." - Arthur Schopenhauer

Gestern Vormittag war ich zum ersten Mal im Hospital Arturo Suarez, dem Krankenhaus, in dem ich ab nächster Woche arbeiten werde. Es ist eines von drei öffentlichen Krankenhäusern in Quito, daher wird hauptsächlich von den ärmsten Bevölkerungsschichten ohne Krankenversicherung und z.T. von Patienten mit Sozialversicherung, die hier jeder offizielle Arbeitnehmer automatisch erhält, frequentiert. Entsprechend chaotisch wirken die Verhältnisse verglichen mit deutschen Krankenhäusern. Als wir so gegen 11 Uhr am Haupteingang ankamen, befand sich vor dem Consultorio bereits eine Schlange von bestimmt 100 Menschen. Auch die Sitzmöglichkeiten in den Gängen waren mehr als überlastet. Trotzdem sahen die Menschen irgendwie gelassen aus - selbst die Babys waren mucksmäuschenstill. Dazu hätte ich nicht erwartet, dass hier tatsächlich jeder, egal aus welcher gesellschaftlichen Schicht er kommt, Zugang zu medizinischer Versorgung hat, was wohl der sozialistischen Regierung hierzulande zu verdanken ist.
Ich werde zunächst auf der neurologischen Station arbeiten, worauf ich mich schon sehr freue.
Im Bus zurück zur Sprachschule lerne ich einen Ecuadorianer mittleren Alters kennen, der sich offensichtlich sehr für deutsche Kultur interessiert: Wir unterhalten uns über deutsche Philosophen und Komponisten wie Nietzsche und Bach. Ich bin sowieso überrascht, wie viel die Leute hier z.T. über Deutschland wissen und fühle mich ein bisschen doof, wenn ich bedenke, dass ich ständig vergesse, wie der ecuadorianische Präsident heißt.
Gestern Nachmittag hatte ich dann das erste Mal Spanischunterricht - Einzelunterricht von 13 bis 17 Uhr mit nur einer halben Stunde Pause zwischendurch. Das war vielleicht anstrengend! Anschließend sind Gabriel,  Alex und ich zu einem Vortrag über ecuadorianische Medizinpflanzen und Schamanen gegangen. Abgesehen von verschiedenen Pflanzen, die einen von Husten und Flöhen erlösen, erfuhren wir von einer Blume namens Guanto, durch deren chemische Verarbeitung die Droge Escopolamina hergestellt werden kann. Durch bloßen Hautkontakt mit letzterer verliert man angeblich seinen freien Willen und tut, was andere einem befehlen. Ich konnte das einfach nicht glauben, bis die Lehrerin uns von einer Freundin erzählte, die einmal unwillentlich in Kontakt mit der Droge gekommen ist. Ein Fremder hatte sie auf der Straße gefragt, ob sie ihm die Adresse auf dem kleinen Zettel, den er in der Hand hielt, vorlesen könne. Sie dachte, er sei Analphabet und nahm daher den mit der Droge beschmierten Zettel und half ihm, woraufhin er sie um all ihr Bargeld bat, das sie ihm ohne Widerspruch sofort gab. Ganz schön gruselig!
Des weiteren fand ich die Diagnose von Krankheiten mittels Meerschweinchen interessant, die in den ländlichen Regionen Ecuadors weit verbreitet ist: Ein lebendiges Meerschweinchen wird an den Körper des Kranken gerubbelt, sodass sich die schlechte Energie überträgt. Daraufhin wird dem Meerschweinchen der Bauch aufgeschlitzt, damit der Schamane seine Organe untersuchen kann, die ähnlich angeordnet sind wie die menschlichen. Ich würde echt gerne mal einem Schamanen bei der Arbeit über die Schulter sehen, aber das gestaltet sich wohl er schwierig, da es mindestens genauso viele Fake-Schamanen (Touri-Abzocke) gibt wie echte. Mal sehen.

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