3. September
Die Impressionen unseres nächtlichen Zwischenstopps in Lima
lassen sich wie folgt zusammenfassen: sich endlos erstreckende Armensiedlungen
als bunte Kleckse im Staub im Kontrast zu Miraflores, dem Stadtteil der
Reichen, in dem die Blumen in der Wüste blühen und jede Straße videoüberwacht
ist. Wir gehen in einem mittelmäßigen Kettenrestaurant teuer essen, man will
uns auf der Straße Gras verkaufen, und ein mittelalter Peruaner textet uns
stundenlang auf verschiedensten Sprachen zu, um uns schließlich zu erklären,
dass er arbeitslos ist, und uns deshalb um eine kleine Spende bittet, die wir
misstrauisch ablehnen. Was wir von der zweittrockensten Hauptstadt der Welt an
diesem Abend mitnehmen, sind vor allem Eindrücke von sozialer Segregation, die
in der jahrelangen Politik der Unterdrückung bestimmter Bevölkerungsgruppen in
der Vergangenheit einen fruchtbaren Nährboden gefunden hat.
Das Ignorieren von Missständen in Peru hat viele gerissene
Geschäftsleute hervorgebracht. Kein Wunder, dass man als Einzelkämpfer für ein
besseres Leben schließlich auch auf Lug und Trug zurückgreift. Doch auf den
nächsten Stationen unserer Reise raubt uns diese Mentalität leider so einige
Nerven und Energie.
4. September
Die nächsten beiden Tage verbringen wir in Huacachina, einer
Tourismusoase in der peruanischen Wüste unweit von Ica. Wir wohnen in einem
vegetarischen Restaurant namens Casa de Bambú, das über zwei Gästezimmer
verfügt. Es ist die beste Wahl die wir treffen konnten, denn die Eigentümerin
Beth aus Cornwall gibt uns einen mehr als notwendigen Crashkurs im Verhandeln
auf Peruanisch. Die erste Lektion erfolgt gleich am Nachmittag unserer Ankunft:
Dass man hier Taxipreise verhandelt, ist für mich schon längst
selbstverständlich. Dass man aber auch in Reisebüros mit allen Mitteln über den
Tisch gezogen wird, war mir bisher nicht bewusst.
Nach unserer Ankunft wollen wir nämlich eine Buggy- und
Sandboarding-Tour für den Nachmittag und eine Tour zu den Islas Ballestas für
den nächsten Morgen buchen. Bei ersterer wird uns vorgegaukelt, dass es zwei
verschiedene Buggygrößen gäbe – für 20 und für 12 Personen – und dass man in
dem größeren nicht genügend Zeit zum Sandboarden hätte. Natürlich entspricht
dies keineswegs der Wahrheit, denn in unserem Buggy für 20 Personen finden letztendlich
nur 9 Personen Platz.
Die „Tagestour“ zu den Islas Ballestas, die von 7 bis 15 Uhr
dauern soll, besteht aus zweimal anderthalb Stunden Autofahrt, zwei Stunden „Bootstour“
auf einem vollbesetzten Tourischiff für 50 Leute und einer Stunde sinnlosen
Aufenthalts in Paracas. Wer mitgerechnet hat, weiß, dass wir um 13 Uhr wieder
in Huacachina sind. Natürlich sind umgerechnet 20 Euro pro Person ein Preis,
den man in Deutschland durchaus dafür zahlen würde, aber für peruanische
Verhältnisse ist das einfach überteuert, zumal wir den Eintritt in den
Nationalpark noch zusätzlich selbst obendrauf legen müssen.
Als wir Beth von diesem Nepp berichten, geht sie für uns
nochmal in besagtes Reisebüro und beschwert sich, woraufhin wir sogar ein
bisschen Geld zurückbekommen.
Nichtsdestotrotz macht die Buggytour über die Sanddünen, die
sich anfühlt wie eine Achterbahnfahrt, viel Spaß und Kribbeln im Bauch. Das
Sandboarding ist auch eine lustige Erfahrung, zumindest solange wir von unserem
Buggyfahrer unten wieder eingesammelt werden. Denn eine Düne hoch zu waten ist
ziemlich anstrengend.
Am Ende des Tages bin ich von Kopf bis Fuß voller Wüstensand
und habe Steißbeinschmerzen von meinen etwas kümmerlichen Sandboarding-Versuchen...
Auch die Islas Ballestas sind auf jeden Fall sehenswert,
obwohl sie bestialisch nach Vogelmist stinken. Die Exkremente sind sogar
staatlich geschützt, weil sie ein wertvoller Dünger sind, und ihr Diebstahl
steht unter Strafe. Sie sehen aus wie Schnee auf den roten Felsen, auf denen
sich Seelöwen, Pinguine und viele andere Vogelarten tümmeln. Unter der
Wasseroberfläche siedeln sich dichte Miesmuschelbänke an, zwischen denen sich
der eine oder andere orangene Seestern befindet.
Vom Boot aus schauen wir uns auch noch eines der
berühmtesten Sandsymbole Perus an, das Candelabro de Paracas, dessen Herkunft
bis heute unbekannt ist. Es wird als Navigationssymbol für die Seefahrt, das
nach dem Kreuz des Südens ausgerichtet ist, als Nazca-Linie und als heiliges
Symbol der Paracas-Kultur spekuliert. Obwohl einige Menschen vom Gegenteil
überzeugt sind, verschwinden die Linien mit der Zeit und sind heute im
Vergleich zu anfänglichen 1,5m nur noch ca. 10cm tief.
Fazit: Eine interessanter, aber zu kurzer Ausflug, den wir
lieber vor Ort in Paracas hätten organisieren sollen.